Wie reizvoll Krähenjagd ist, kann man meist erst nachvollziehen, wenn man schon mal im Tarnschirm gesessen hat, während zehn Meter davor eine Krähe ahnungslos im Lockbild landet und anfängt, nach Fraß zu suchen. Unbestritten zählen die Rabenkrähen zum intelligentesten Wild und sind schnell in der Lage, Erlebtes in Erlerntes umzusetzen. Dies führt dann immer wieder dazu, dass Jäger begeistert berichten, wie toll es mit der Krähenjagd klappt, aber sich nach ein bis zwei Jagden kein Erfolg mehr einstellt. Die Krähen scheinen den “Braten gerochen” zu haben und drehen bereits auf große Distanz ab. In erster Linie liegt dies an Bejagungsfehlern.
Die Auswirkungen dieser Fehler sind umso gravierender, je häufiger die Krähen, auch in angrenzenden Revieren, bejagt werden. Schließlich machen die Rabenvögel vor Reviergrenzen nicht Halt. Das bedeutet, dass nicht nur die eigenen Fehler eine Rolle spielen, sondern auch die der Reviernachbarn. Insofern ist es sinnvoll, sich mit anderen Jägern auszutauschen und sich vielleicht sogar gemeinsam in Sachen Krähenjagd fortzubilden. Die hohe Kunst besteht nicht darin, einmal erfolgreich Strecke zu machen, sondern dies zu wiederholen. Je weniger Fehler der Jäger dabei macht, desto seltener kommt es vor, dass Krähen vor dem Lockbild abdrehen.
1. Zu spät im Revier
Das gemütliche Federbett des Jägers rettet sicherlich den meisten Krähen das Leben. Gerade zu Beginn der Jagdzeit, wenn es früh hell wird und der Jäger mitten in der Nacht aufstehen muss, bleibt er gerne noch mal zehn Minuten länger liegen. Danach wird noch schnell ein Kaffee getrunken. Wenn man dann im Revier auf dem Acker steht und das Lockbild aufbaut, kündigt sich im Osten schon der Tag an – die Krähen rufen bereits in der Ferne. So verpasst der Jäger die ersten Anflüge, da er noch zwischen den Lockvögeln steht. Aber schlimmer ist, dass man die Krähen schlau macht. Diese verknüpfen das Lockbild mit dem Jäger. Daher ist es wichtig, im Schutze der Dunkelheit aufzubauen. Man sollte stets ausreichende Zeitreserven einplanen, denn es kommt immer wieder zu unerwarteten Ereignissen. Nur ein Beispiel ist hier die im Auto vergessene Patronentasche. Wenn man verschlafen hat, ist es besser, liegen zu bleiben und die Jagd zu verschieben. Generell sollte nur morgens gejagt werden.
2. Auto zu nah am Lockbild
Wird das Auto in der Nähe des Lockbildes abgestellt, können die Krähen dieses mit der Gefahr verknüpfen. Zwischen den Attrappen und dem Auto darf daher keine direkte Sichtverbindung bestehen. Wie weit der Wagen vom Lockbild entfernt sein muss, hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab. Wird in unmittelbarer Siedlungsnähe gejagt, reicht es, bei den Häusern zu parken. Die Gefahr einer Verknüpfung besteht nicht, da dort ohnehin Autos stehen. Auf freiem Feld kann es jedoch nötig sein, das Fahrzeug 800 Meter (m) entfernt abzustellen.
3. Schirm zu tief und zu breit
Unerfahrene Krähenjäger bauen den Schirm häufig viel zu groß. Denn je mehr Fläche der Stand hat, desto früher können die Krähen den Jäger eräugen. Da man besonders den Kopf am meisten bewegt, um anstreichendes Wild zu entdecken, wirkt sich dies besonders gravierend aus. Deshalb sollte der Schirm möglichst schmal gebaut werden. 80 bis 100 Zentimeter Seitenlänge sind völlig ausreichend. Die Höhe sollte so gewählt werden, dass das Tarnnetz möglichst hoch ist und somit optimale Deckung bietet, gleichzeitig aber noch auf im Lockbild flach einfallende Vögel geschossen werden kann. Auf den Punkt bringen lässt sich dies mit der Aussage: “So hoch wie möglich, so niedrig wie nötig.”
4. Nichtbeachtung des Windes
Wie alles Federwild fallen auch Krähen gegen den Wind ein. Hat man diesen jedoch im Gesicht, dreht die vermeintliche Beute eine Runde und fällt von hinten über den Schirm in das Lockbild ein. Dies führt dazu, dass man viele Krähen zu spät mitbekommt und die Rabenvögel den Jäger vorzeitig spitzkriegen, wenn sie von oben in den Schirm äugen. Optimal ist es daher, mit Nackenwind zu jagen und die Krähen somit auf ihrer Flugroute von vorne anstreichen.
5. Auffällige Farben
Da Vögel Farben wahrnehmen können, ist die Verwendung von auffälligen, unnatürlichen Farben (beispielsweise Signalfarben) schlecht. Diese werden bereits durch das Tarnnetz auch auf größere Distanz eräugt. Drückjagd- oder Treibjagdkleidung ist daher ungeeignet. Besonders bei Wendejacken, die auf der einen Seite einen normalen Tarndruck und auf der anderen Seite ein orangefarbenes Muster haben, ist Vorsicht geboten: Ist der Reißverschluss nicht bis oben geschlossen, ist die auffällige Innenseite am Kragen von vorne zu sehen. Das Gleiche gilt bei kühlerem Wetter für Kleidung, die unter der Tarnjacke getragen wird, oder auch Gehörschützer, die auffällig gefärbt sind.
6. Störende Patronenpackung
Besonders Krähenjagdanfänger stellen ihre Schachtel(n) mit Schrotpatronen in Griffnähe auf dem Boden vor sich ab – meist an der vorderen Tarnnetzkante. Häufig sind Patronenpackungen sehr auffällig und werden von anstreichenden Krähen als Fremdkörper wahrgenommen. Aus diesem Grund ist es am besten, wenn die Munition in einer getarnten Tasche aufbewahrt wird. Es gibt auch Hocker, die unter der Sitzfläche Stauraum haben. Hier kann der Schütze zum Nachladen bequem hingreifen und die Patronenpackungen sind optimal verblendet.
7. Lockbild zu nah/weit
Immer wieder wird das Lockbild zu nah oder zu weit vor dem Schirm aufgebaut. Natürlich wäre es aus Gründen der Tarnung richtig, die Attrappen möglichst weit vom Schirm weg zu platzieren, denn die Wahrscheinlichkeit entdeckt zu werden ist dann geringer. Dagegen spricht aber, dass die wirksame Reichweite der Flinte maximal 35 Meter beträgt. Aus diesem Grund sollte die letzte Krähe nicht weiter als 20 bis 25 m entfernt sein. Bei starkem Wind muss die Entfernung 5 bis 10 m geringer ausfallen, da sich die Krähen beim Anschlagen der Flinte oder spätestens beim ersten Schuss einfach rückwärts in den Wind kippen lassen und dadurch sehr schnell außer Reichweite sind. Die Entfernung vom Schirm bis zur weitentferntesten Attrappe sollte abgeschritten und als Schätzmarke genutzt werden. Anstreichende Krähen sind jedoch je nach Flughöhe deutlich weiter entfernt, auch wenn sie sich über dem Lockbild befinden. Stehen die Krähen zu dicht vor dem Schirm (ein bis zwei Meter) wird der Jäger allzu leicht wahrgenommen, da der Schirm direkt im Blickfeld anstreichender Krähen ist.
8. Hektik und Unruhe
Der berühmte “Zappel-Philipp” ist bei den Krähen sehr beliebt. Der Lebensretter verrät den Rabenvögeln bereits auf große Distanz seine Anwesenheit durch permanente Bewegungen. Ein absoluter Kardinalfehler ist das “über-das-Tarnnetz-Schauen”. Nach längerem Sitzen bekommt man in der Regel das Bedürfnis, endlich einmal aufzustehen und die Beine zu strecken. In aller Regel führt dies dazu, dass aufgrund der Bewegung des Kopfes der Jäger vorzeitig eräugt wird. Das Wild dreht dann bereits außerhalb der Schussweite ab. Häufig hat der Jäger die abstreichenden Krähen noch nicht erspäht und bekommt die abschreckende Wirkung gar nicht mit. Es ist eine eiserne Grundregel der Krähenjagd, mit dem Kopf stets unterhalb der Tarnnetzkante zu bleiben und erst im letzten Moment, wenn die Krähe in passender Entfernung ist, langsam aufzustehen. Nachdem sich der Jäger mit Bewegungsdrang endlich wieder gesetzt hat, greift er zur Thermoskanne und schenkt sich einen Tee ein. Die Brotdose ist als nächstes dran, die zu allem Überfluss auch noch im Rucksack im Graben neben dem Schirm liegt. Also wird mal eben schnell der Schirm verlassen. Zu guter Letzt ruft der Jagdfreund an, der heute Morgen ebenfalls draußen ist und sich erkundigen will, wie es so läuft, da bei ihm gerade Flugpause ist. Den erfolgreichen Krähenjäger zeichnet absolute “Standruhe” aus. Die Bewegungen müssen sich auf das absolut Notwendigste beschränken.
9. Unbeflockte/dreckige Lockkrähen
Der Jagderfolg steht und fällt mit der Wirkung der verwendeten Attrappen. Daher sollten nur beflockte Lockvögel verwendet werden, da diese am natürlichsten aussehen. Verschmutzte Krähen müssen vor der nächsten Jagd unbedingt gereinigt werden. Oder haben Sie schon einmal eine vor Dreck strotzende Krähe gesehen?
10. Grobe Schrote/enge Chokes/ weite Schussdistanzen
“Viel hilft viel”, meinen viele Krähenjagd-Anfänger. Schnell wird daher zu Magnumpatronen mit Schrotgrößen jenseits der 3,5 Millimeter (mm) gegriffen. Dabei gilt auch hier der Leitsatz: Deckung vor Schrotgröße! 2,7 mm und eine Vorlage von 32 bis 36 Gramm sind absolut ausreichend. Mehr als 3 mm ist Größenwahn. Die Chokes sollten nicht zu eng gewählt werden. Viertel- oder Halbchokes sind die richtige Wahl. Viele werden jetzt sagen: “Naja, da kann ich ja nicht weit rauslangen”. Erstens stimmt das nicht und zweitens ist es auch nicht Sinn der Sache. Eine waidgerechte Schrotschussentfernung beträgt maximal 35 m und dafür sind die genannten Empfehlungen optimal.
11. Lockbild zu dicht an Bäumen/ Waldrändern/Stromleitungen
Die Attrappen sollten keinesfalls in der Nähe von Bäumen, Waldrändern oder Stromleitungen aufgebaut werden. Zum einen nutzen die Krähen diese als Ausguck und können von dort das Lockbild über einen längeren Zeitraum observieren und eventuell misstrauisch werden, zum anderen lauert speziell an Waldrändern gerne der Habicht. Die Rabenvögel sind sich dieser Gefahr bewusst und fallen daher dort nicht gerne ins Lockbild ein. Stände im freien Feld sind immer die bessere Wahl.