Die braune Wachtelhündin liegt leicht zitternd vor Erregung unter dem Drückjagdbock. Es ist viertel vor zehn. Ringsum fallen die ersten Schüssen. In wenigen Minuten werden auf den heute zu bejagenden 1000ha fünfunddreißig solojagende Hunde vom Stand geschnallt. Es sind im Wesentlichen Wachtelhunde. Ihnen allein obliegt heute die Aufgabe, das Wild auf die Läufe und vor die Schützen zu bringen. Treiber oder durchgehende Hundeführer gibt es keine. Kaum geschnallt findet die Hündin in der Dickung Wild. Der Laut nähert sich, die Spannung steigt. Die Waffe ist im Anschlag, der Finger an der Sicherung. Ein Hirsch tritt auf die Schneise und verhofft. Enspannung stellt sich ein: ein mittelalter Kronenhirsch, der leider nicht in die Freigabe (IIIb) passt. Der Hirsch überfällt die Schneise und etwa eine halbe Minute später folgt spurlaut, mit tiefer Nase die Hündin. Das Ohr kann der Jagd noch etwa 2 Minuten folgen. Ringsherum ist jetzt überall Hundelaut zu hören und es fallen Schüsse.
Nach etwa einer halben Stunde ist der Laut der Hündin wieder zu hören. Sie jagt im Bogen um den Stand. Leicht enttäuscht lehne ich mich zurück, als sich plötzlich die Jagd in meine Richtung ändert. Das Gewehr ist bereits im Anschlag als ein Fuchs über die Schneise fliegt. Sicherung nach vorne schieben und Ziel aufnehmen ist eins. Im letzten Drittel der Schneise bricht der Schuss und der Fuchs geht über Kopf. Nach etwa 40 Sekunden kommt die Hündin auf die Schneise und beutelt kurz den Fuchs. Nachdem sie sich überzeugt hat, dass er nicht mehr am Leben ist verschwindet sie sofort wieder in die Dickung.
Es ist mittlerweile viertel nach elf. Zweimal kam Kahlwild in Anblick, jedoch mangels Kugelfang keine Gelegenheit zum Schuss. Es nähert sich wieder Hundelaut, in der Dickung vor mir knackt es zweimal laut. Es wechselt eine Bache mit Frischlingen in voller Fahrt über die Schneise. Der letzte Frischling verendet im Knall. Ein brauner Wachtelrüde folgt laut auf der Fährte. Die Freude ist groß. So verstreichen weitere zwanzig Minuten. Noch knapp anderthalb Stunden bis zum Ende der Jagd. So langsam könnte sie mal wieder vorbeischauen, denke ich. Der Griff zum Telemetriegerät ist verlockend. Keine Peilung. Um 12:40 Uhr höre ich den Laut der Hündin weit rechts von mir. Er kommt immer näher. Ein krönender Abschluss der Jagd? Zu früh gefreut, die Jagd geht an mir vorbei. Ca. 200m entfernt von mir überfällt eine einzelne Sau die Schneise, es folgt in einem Abstand von etwa einer halben Minute die Hündin. Kurz darauf bricht ein Schuss. Ich rufe die Hündin. Sie findet sich kurze Zeit später am Stand ein.
Wenn ich es hochrechne, habe ich in den drei Stunden Jagd die Hündin insgesamt etwa 10 Minuten gesehen und gehört. Doch was war in der Zwischenzeit?
Die Arbeit mit vom Stand geschnallten Hunden unterscheidet sich wesentlich von der Arbeit durchgehender Hundeführer oder der Jagd auf Niederwild mit Vorstehhunden: Der solojagende Stöberhund jagt ein Großteil der Zeit außerhalb der Sichtweite seines Führers. Dies erfordert sehr selbstständige und selbstbewusste Hunde, sind sie doch zum Großteil auf sich allein gestellt. Doch das heisst eben auch, dass der Hundeführer immer nur Ausschnitte der Arbeit seines Hundes mitbekommt. Am Streckenplatz erhält man die eine oder andere Rückmeldung von anderen Hundeführern. Insgesamt bleiben aber sehr große schwarze Flecken was den zeitlichen und räumlichen Verlauf der Jagd betrifft. Auf was für einer Fläche hat der Hund gestöbert? Welche Strecke hat er zurückgelegt, wann hat er wo gejagt, wie kommt er zurück, usw.? Fragen, die sich jedem Stöberhundführer stellen.
Die braune Wachtelhündin “Rumpel” (Netti Weidelsburg) hat in den 3 Stunden der geschilderten Jagd 32,2km zurückgelegt und dabei auf einer Fläche von insgesamt etwa 160ha gestöbert (natürlich mit Lücken). Die weiteste Entfernung zum Stand, von dem sie geschnallt wurde, betrug 2,07km. Sie blieb die ganze Zeit innerhalb des bejagten Gebiets. Die Geschwindigkeit bewegte sich in einer Bandbreite zwischen 5-28 km/h bei einem Durchschnitt von etwa 10 km/h.
Was nach einer phantasiereichen Schilderung eines Hundeführers am Stammtisch klingt, sind in Wahrheit nüchterne Fakten. Doch woher stammen diese Informationen? Des Rätsels Lösung ist ein GPS Empfänger mit einem eingebauten Speicher, der in bestimmten Intervallen, Position und Geschwindigkeit aufzeichnet. Diese Geräte werden als GPS Datenlogger bezeichnet und sind eigentlich für Wanderer gedacht. Über die USB oder Bluetooth Schnittstelle können diese Informationen anschließend ausgelesen und mittels eines Kartenprogramms visualisiert werden. Diese Datenlogger sind mittlerweile für relativ kleines Geld zu bekommen. Im Nachhinein kann hiermit das gesamte Raum- und Zeitverhalten des Hundes während der Jagd nachvollzogen werden. Um Missverständnissen vorzubeugen, muss angemerkt werden, dass diese Geräte als Ortungsgeräte natürlich nicht geeignet sind, da der Speicher erst ausgelesen werden kann wenn der Hund wieder zurück ist.
Der GPS Datenlogger wird mit einer kleinen Ledertasche an der Halsung des Telemetriegerätes oder in der Rückentasche der Hundeschutzweste platziert. Die Datenlogger sind im Allgemeinen nicht wasserdicht. Als beste Lösung hat sich zugleich auch die einfachste erwiesen: der Datenlogger wird in einem medizinischem Einweghandschuh platziert und der Handschuh anschließend zugeknotet. Zur Sicherheit können auch zwei Handschuhe übereinander verwendet werden. Beide von uns in der letzten Saison eingesetzten Geräte haben die Einsätze schadlos überstanden, obwohl zum Teil mehrfach Wasser von den Hunden durchronnen wurde. Nach der Jagd wird der Handschuh einfach aufgeschnitten und der Datenlogger kann zum Auslesen des Speichers entnommen werden.
Das Auswerten der vom Hund zurückgelegten Pfade legt schonungslos die Stöberleistung des Hundes offen. Es verrät dem Hundeführer aber noch weitere Informationen. Wie orientiert sich bspw. der Hund und findet zum Stand zurück. Unsere beiden Wachtelhündinnen haben dabei jeweils eine eigene Strategie. Während die eine im Wesentlichen immer Halbbögen schlägt, kommt die andere in aller Regel in Anlehnung an die eigene Fährte zum Stand zurück. Dies ist auf den Bildern zu erkennen. Sehr aufschlussreich ist auch das Geschwindigkeitsprofil. Offenbart es doch sofort die Bereiche mit hohen Geschwindigkeiten und auch die “Nullstellen”, also die Abschnitte, wo der Hund sich kurzfristig nicht bewegt hat, oder nur mit 1-2km/h. Es lohnt sich hier genauer hinzuschauen, häufig ist dies dann der Fall wenn vor ihm etwas erlegt wurde oder er auf erlegte Stücke trifft. Ein guter Stöberhund hält sich hier jedoch nur wenige Sekunden auf. Auch Situationen mit Sauen, die nicht rücken wollen oder (krankes) Wild, welches vom Hund gehetzt, gestellt oder niedergezogen wird, kann man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eingrenzen. Es bleibt anzumerken, dass es immer wieder vorkommt, dass der Empfänger kurzfristig kein GPS Signal bekommt. Dies ist auf der Karte anhand fehlender Punkte bzw. gerade Linien sofort zu erkennen.
Erfahrene Hunde machen häufig als erstes die Dickung im Nahbereich des Führers “leer”. Wenn dort kein Wild mehr ist, ziehen sie immer größere Kreise. Im Idealfall kehren sie im Verlauf der Jagd regelmäßig, im Abstand von etwa einer halben Stunde zum Stand zurück.
Gut eingejagte Stöberhunde verlassen das bejagte Gebiet nicht oder nur in Ausnahmefällen (u.a. bei krankem Wild). Sie haben gelernt, dass es nicht zum Erfolg führt, dort zu jagen, wo kein Jäger sitzt.
Natürlich denkt man sofort an einen weiteren Anwendungsbereich: der Gedanke, diese Datenlogger zur Abrundung des Urteils bei Prüfungen für das Fach Stöbern einzusetzen, drängt sich förmlich auf. Es wäre sicherlich eine ideale Ergänzung, die den Eindruck abrundet. Vermutlich wird sich diesbezüglich aber relativ schnell Widerstand regen.
Die Idee, Hunde mit GPS Datenloggern auszustatten stammt von Dipl. Forstwirt Boris Schnittker, der sich derzeit im Rahmen einer Forschungsarbeit mit dem Thema beschäftigt. Sein Ziel ist es, gesicherte Aussagen über den effektiven und gesetzeskonformen Einsatz von Hunden auf Bewegungsjagden zu treffen und den Jagdleitern dazu Empfehlungen zu geben.
Benötigte Ausrüstung:
GPS Datenlogger:
Bewährt hat sich das Gerät Wintec WBT 201. Es ist beim Hersteller (www.wintec-gps.de) für 109€ erhältlich. Das Gerät wiegt nur ca. 45 Gramm und kann über 131.000 Wegpunkte speichern.
Kartenprogramm:
Google Earth ist ein kostenloses Luftbildprogramm. Nebenbei bemerkt ist dieses Programm auch als Revierkarte sehr gut zu gebrauchen.
Ledertasche:
Zur Befestigung am Halsband. Kann von jedem Sattler angefertigt werden. Kosten ca. 10-15€.